Nachbarstädte streben interkommunale Zusammenarbeit bei Hochwasserschutz und Lenkung von Verkehrsflüssen an

Eschborn und Kronberg wollen gemeinsam den Strömen folgen


Eschborns Bürgermeister Adnan Shaik (li.) und sein Kronberger Amtskollege Christoph König (re.) sind sich einig: Gemeinsam mit den politischen Gremien und Verwaltungen beider Städte wollen sie das interkommunale Projekt „Follow the Stream“ angehen, um mit Hilfe moderner Technik Verkehrsströme besser lenken und Hochwasser-Gefahren frühzeitig erkennen zu können.  © Stadt Kronberg/Stadt Eschborn


Überschwemmte Straßenzüge, überlastete Kanalsysteme, vollgelaufene Keller und dazu Wasserschäden im hohen sechsstelligen Bereich – kannte man derartige Meldungen in der Vergangenheit vor allem aus den klassischen Hochwassergebieten an Rhein, Mosel oder, so spült der Klimawandel solche Katastrophenlagen mittlerweile auch den Menschen in Kronberg und Eschborn vor die Türen und ins Souterrain. So unter anderem am 9. Juni 2018, als die Ortskerne von Schönberg und Oberhöchstadt unter Wasser standen, oder auch im Oktober 2020, als der Westerbach Teile von Eschborn überschwemmte.

Da wie dort waren es sogenannte „Starkregenereignisse“, die den sonst so beschaulichen Westerbach und die in seinem Einzugsgebiet dahinplätschernden Bachläufe in kürzester Zeit anschwellen ließen und die drängende Frage nach Schutzkonzepten aufwarfen.

Hatten beide Städte in der jüngeren Vergangenheit bereits unabhängig voneinander Maßnahmen ergriffen, um den Hochwasserschutz in ihren Orten zu verbessern, so wollen sie jetzt gemeinsam einen weiteren Schritt gehen und dazu dem „Strom“ folgen. Diesen Kurs gibt zumindest das Programm „Follow the Stream“ vor, das Eschborn und Kronberg im Rahmen einer Innerkommunalen Zusammenarbeit (IKZ) in Angriff nehmen möchten.

Mit maßgeblicher finanzieller Unterstützung des Landes Hessen soll entlang des Westerbachs wie auch der Zuläufe im Kronberger Stadtgebiet  ein digital basiertes Starkregen-Frühwarnsystem aufgebaut werden, das es den Verantwortlichen in beiden Nachbarstädten künftig ermöglichen soll, im eigentlichen Sinne des Wortes „vor die Welle“ zu kommen.

„Müssen sich unsere Maßnahmen bisher vornehmlich auf ein reaktives Schadensmanagement konzentrieren, so bauen wir darauf, dass es uns in Zukunft über die Erfassung und Analyse von Niederschlags- und Pegeldaten in Echtzeit gelingen wird, in die proaktive Gefahrenabwehr zu gelangen“, unterstreichen Eschborns Bürgermeister Adnan Shaik und Kronbergs Bürgermeister Christoph König in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Je früher man sich ein möglichst genaues Bild von einem aufziehenden Extremwetter-Ereignis machen könne, so die beiden Rathauschefs, desto schneller und gezielter könne man letztlich die Öffentlichkeit informieren, die Rettungsdienste koordinieren und so den Schutz der Bevölkerung erhöhen und optimieren.

„Darüber hinaus können unsere Abwasserverbände technisch in die Lage versetzt werden, die vorhandenen Rückhaltebecken effektiver zu steuern, um auf plötzlich auftretende Niederschlagsmengen durch strategisches Entleeren oder gezieltes Einstauen der Becken zu reagieren und so Schadensereignissen entgegenzuwirken“, ergänzt Kronbergs Erster Stadtrat Heiko Wolf einen weiteren wichtigen Vorteil eines interkommunalen Frühwarnsystems.

Neben der Nutzung lokaler Wetterdaten und -vorhersagen kommt in diesem System der sensorischen Erfassung der Bodenfeuchte eine besondere Bedeutung zu. König: „Wenn wir die Absorptionsfähigkeit der Böden besser einschätzen können, wäre uns das eine große Hilfe.“ Denn gerade das oberirdisch ablaufende Regenwasser stelle eine große Herausforderung dar.

Lenkung von Verkehrsflüssen

Der Westerbach und seine Zuläufe sind nicht die einzigen Ströme, die die beiden Nachbarstädte Kronberg und Eschborn mit Hilfe moderner Technik und Förderung durch das Land Hessen künftig in Echtzeit analysieren wollen. Auch zu Lande will man dem Strom folgen, konkreter dem Verkehrsstrom auf der Landesstraße 3005.

Die zählt schließlich zu den zentralen Verkehrsadern rund um Frankfurt, was man gerade dann merkt, wenn sie mal wieder verstopft ist, und sich die Pendlerströme in der Rush-Hour ihren Weg vor allem durch Eschborn suchen. „Besonders kritisch sind für uns die Belastungen durch Umleitungs- und Ausweichverkehre der umliegenden Autobahnen 5 und 66 sowie der autobahnähnlich ausgebauten L 3005. Sie beeinträchtigen nicht nur die innerstädtische Mobilität, sondern reduzieren auch die Verkehrssicherheit“, skizziert Bürgermeister Adnan Shaik die Herausforderungen für Eschborn.

Auch für die Nachbarn in Kronberg ist ein möglichst staufreier und reibungsloser Verkehrsfluss auf der L 3005 von großer Bedeutung. Daher ist den Verantwortlichen in der Burgstadt gleichermaßen daran gelegen, gemeinsam mit den Eschbornern den Verkehrsstrom in beide Richtungen ins Fließen zu bekommen. Bürgermeister Christoph König: „Gerade mit Blick auf die laufenden Planungen für die bestehenden und kommenden Gewerbegebiete im Süden unserer Stadt ist diese Verkehrsanbindung von nicht zu unterschätzender Bedeutung“. 

Als wichtige Stellschrauben auf dem Weg zu einer besseren Verkehrssteuerung haben die Fachleute in beiden Rathäusern die Ampelanlagen entlang der L3005 ausgemacht, die zwar auf Kronberger respektive Eschborner Gemarkung stehen, aber in die Zuständigkeit von Hessen Mobil fallen. „Wir sind überzeugt davon, dass sich der Verkehrsfluss hier, aber auch anderen Stelle mit Hilfe smarter Technologie noch sehr viel genauer und zielgerichteter kanalisieren lässt“, betonen Eschborns Rathauschef Adnan Shaik und Kronbergs Erster Stadtrat Heiko Wolf unisono. Zu diesem Zweck plane man eine Live-Verkehrsdatenplattform aufzusetzen, die sich einerseits aus Ergebnissen der Verkehrssensorik und Echtzeitinformationen speise und andererseits mit übergeordneten Einrichtungen wie der Lichtsignalsteuerungs-Zentrale von Hessen Mobil verknüpft werde.

„Mit diesem leistungsfähigen Werkzeug wollen wir Verkehrsflüsse gezielt analysieren und die Grundlage für intelligente Steuerungsmaßnahmen schaffen“ erläutert Kronbergs Rathauschef Christoph König. Überdies mache es eine solche Daten-Plattform möglich, Informationen über Staus oder alternative Routen direkt an die Bürgerinnen und Bürger  weiterzugeben, was sowohl die kommunale Verkehrsplanung unterstütze als auch die Nutzerzufriedenheit erhöhe. Langfristig solle das System so zur Verbesserung der Lebensqualität und zu einer nachhaltigeren Mobilität beitragen.

Hintergrund:

Ob und wann das Projekt „Follow the Stream“ in Fluss kommt, ist wie so oft vor allem auch eine Kostenfrage. 772700 Euro sind dafür veranschlagt. 90 Prozent davon sollen über Zuschüsse aus Wiesbaden kommen. Den verbleibenden Eigenanteil von 77270 wollen die beiden Kommunen im Verhältnis 60 Prozent für Eschborn und 40 Prozent für Kronberg unter einander aufteilen.

Vorausgesetzt, die beiden Stadtverordnetenversammlungen stimmen der Interkommunalen Zusammenarbeit grundsätzlich zu, bedarf es im nächsten Schritt noch der Förder-Zusage aus dem Landesprogramm „Starke Heimat Hessen“. Wenn auch die steht, wird zwischen beiden Städten eine Verwaltungsvereinbarung geschlossen, die die Kooperation im Detail regelt. Die Stadt Eschborn übernimmt die Projektkoordination, die Stadt Kronberg stellt lokale Ressourcen und Fachkenntnisse bereit.