Bekanntmachung

Satzung über den Bau und den Betrieb von Regenwassernutzungsanlagen der Stadt Kronberg im Taunus -Zisternensatzung- 


 Aufgrund der §§ 5 und 51 der Hessische Gemeindeordnung (HGO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. März 2005 (GVBl. I S.142), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 16. Februar 2023 (GVBl. S. 90, 93), und § 37 Abs. 4 des Hessischen Wassergesetztes (HWG) vom 14. Dezember 2010 (GVBl. I S. 548), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 28. Juni 2023 (GVBl. S. 473, 475), hat die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Kronberg im Taunus in ihrer Sitzung am 07.09.2023 folgende

 

Satzung
über den Bau und den Betrieb von Regenwassernutzungsanlagen
der Stadt Kronberg im Taunus
-Zisternensatzung-

 beschlossen:



Präambel

Angesichts steigender Wasserknappheit und vermehrten Starkregenereignissen rückt ein bewusster Umgang mit der wertvollen Ressource Wasser immer weiter in den Fokus. Mit der vorliegenden Neufassung der Zisternensatzung wird die Pflicht zur Errichtung von Regenwassernutzungsanlagen geregelt, die sowohl ein Retentionsvolumen als auch ein Nutzvolumen aufweisen. Künftig ergänzt eine Fördermittelrichtlinie diese Satzung, um die nicht verpflichtende Errichtung / Nachrüstung von Zisternen zu unterstützen. 

§ 1 – Ziel der Satzung

Ziel der Satzung ist die Errichtung von Anlagen für das Sammeln und die Verwendung des von Auffangflächen ablaufenden Regenwassers. Der Bau derartiger Anlagen soll dazu beitragen, die Abwasseranlagen zu entlasten, Überschwemmungsgefahren zu vermeiden und den Wasserhaushalt zu schonen. 

 § 2 - Geltungsbereich

Die Satzung gilt im gesamten Gemarkungsbereich der Stadt Kronberg im Taunus im Falle des Neubaus oder des wesentlichen Umbaus von Gebäuden oder Gebäudeteilen. 

Die §§ 6, 7 und 9 gelten auch im Falle einer Förderung nach der Fördermittelrichtlinie für die Errichtung von Regenwassernutzungsanlagen. 

§ 3 - Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Satzung und der Fördermittelrichtlinie gelten folgende Definitionen:

Regenwassernutzungsanlage

 

Anlage zum Auffangen, Speichern, gedrosselten Ableiten und Nutzen des Regenwassers. Die Anlage muss den technischen Anforderungen nach § 6 entsprechen.

Regenwasserspeicher

lichtgeschütztes Sammelbehältnis, das geeignet ist, mittels Zuführung über ein Leitungssystem Regenwasser von Auffangflächen aufzunehmen. Das Sammelbehältnis ist Teil der Regenwassernutzungsanlage und hat sich vollständig versenkt im Erdreich oder in einem Kellerraum zu befinden.

Retentionszisterne

Regenwasserspeicher, der das gespeicherte Wasser nach und nach kontrolliert wieder abgibt.

Retentionsdrossel

steuert den Wasserablauf einer Zisterne mit einer definierten Ablaufgeschwindigkeit. Die Retentionsdrossel dient der Nachrüstung von Bestandszisternen zu Retentionszisternen.

Wesentlicher Umbau

z.B. Aufstockung eines Gebäudes um mindestens ein Vollgeschoss oder Vergrößerung der Grundfläche des Gebäudes um mehr als 30 m².

Auffangfläche

senkrechte Projektion der Dachflächen oder vergleichbaren Flächen eines Gebäudes oder Gebäudeteils, auf denen Regenwasser anfällt.

Nutzvolumen

Anteiliges Volumen des Regenwasserspeichers, das zur Verwendung in Haus, Hof oder Garten zur Verfügung steht.

Retentionsvolumen

Anteiliges Volumen des Regenwasserspeichers, das sich verzögert entleert.

Betriebswasser

Wasser, das auf den Auffangflächen anfällt; Betriebswasser hat keine Trinkwasserqualität.

Entnahmezähler

geeichter Zähler, der die Wassermenge erfasst, die dem Kanalnetz aus einer Regenwassernutzungsanlage über das häusliche Brauchwassersystem zugeführt wird.

 § 4 - Errichtungs- und Verwendungspflicht

 (1) Jede Bauherrschaft hat bei der Ausführung eines in § 2 genannten Vorhabens eine Regenwassernutzungsanlage entsprechend den Vorgaben der §§ 5 und 6 zu errichten, sofern ein Neubau mit mehr als 30 m² Grundfläche entsteht oder ein wesentlicher Umbau vorliegt. Bei Neubauten ist die Regenwasser-Nutzungsanlage im Entwässerungsgesuch mit einzuplanen.

(2) Sämtliche auf dem Grundstück des Vorhabens nach § 2 vorhandene Auffangflächen sind an die Regenwassernutzungsanlage anzuschließen. Die Auffangflächen müssen von ihrer Lage, Nutzung und Materialeigenschaften für die Nutzung des ablaufenden Wassers unter qualitativen Gesichtspunkten geeignet sein.

(3) Betriebswasser ist in der Regenwassernutzungsanlage zu sammeln und in Haus, Hof und/oder Garten zu verwenden.

(4) Eine Ausnahme von der Errichtungspflicht besteht,

(a) wenn die gesamte Dachfläche des Gebäudes oder Gebäudeteils begrünt wird. Die vegetationsfähige Substratauflage muss dabei mindestens 6 Zentimeter mächtig sein. Die Begrünungsmaßnahme muss spätestens mit Aufnahme der Gebäude- oder Gebäudeteilnutzung abgeschlossen sein. Die Dachbegrünung ist dauerhaft zu unterhalten;

(b) wenn die gesamte Auffangfläche nicht, auch nicht indirekt, in ein öffentliches Abwassersystem entwässert;

(c) bei Grundstücken mit einer Freifläche von weniger als 50 qm;

(d) für Auffangflächen, auf denen das Regenwasser schädlich verunreinigt wird.

(5) Auf Antrag kann der Magistrat von der Errichtungspflicht befreien, insbesondere wenn die Durchführung der Satzung im Einzelfall zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde und die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist; eine offenbar nicht beabsichtigte Härte liegt auch dann vor, wenn dem Zweck einer Anforderung in dieser Satzung oder in Vorschriften aufgrund dieser Satzung nachweislich auf andere Weise entsprochen wird.

(6) Abweichende textliche Festsetzungen in Bebauungsplänen, die auf Grund bundesrechtlicher Regelungen erlassen worden sind oder erlassen werden, bleiben unberührt.

§ 5 – Bemessung des Regenwasserspeichers

(1) Die Mindestgröße des Nutzvolumens des Regenwasserspeichers beträgt 25 Liter pro Quadratmeter angeschlossener Auffangfläche, mindestens jedoch 2 Kubikmeter. Die Mindestgröße des Retentionsvolumen des Regenwasserspeichers beträgt 25 Liter pro Quadratmeter. Nutzvolumen und Retentionsvolumen ergeben zusammen das Gesamtvolumen des Regenwasserspeichers.

(2) Eine Ausnahme von der Bemessung der Größe des Regenwasserspeichers besteht, für Grundstücke mit individuellen Randbedingungen. Die Bemessung unter Anwendung des aktuellen Stands der Technik ist vor Antragstellung mit dem Fachreferat Umwelt der Stadt Kronberg abzustimmen und im Antrag schriftlich zu erläutern.

 § 6 - Technische Ausführung

(1) Die Regenwassernutzungsanlage muss in ihrer Ausführung dem Stand der Technik unter Beachtung aller einschlägigen gesetzlichen Vorschriften, DIN-Normen und sonstigen verbindlichen technischen Richtlinien entsprechen.

(2) Die Anlage muss über eine zeitlich verzögerte Entleerung verfügen.

(3) Der Überlauf des Regenwasserspeichers führt bei Vollfüllung aus der Zisterne vorzugsweise in eine Versickerungsanlage gemäß DWA-A 138, ist dies aus baulichen Gründen nicht möglich, in die städtische Kanalisation. Der Überlauf ist rückstaufrei gem. DIN 1986 an die Kanalisation anzuschließen.

(4) Folgende Grundsätze sind bei der Errichtung der Regenwassernutzungsanlage zu beachten:

(a) Jede Verbindung zwischen Regenwassernutzungsanlage und Trinkwasseranlage ist unzulässig. Eine Trinkwassernachspeisung darf nur durch einen sogenannten ”freien Auslauf” (gemäß DIN 1988, Teil 4) erfolgen und muss durch einen zugelassenen Installationsbetrieb errichtet werden.

(b) Der Regenwassernutzungsanlage darf nur von Auffangflächen ablaufendes Regenwasser zugeführt werden.

(c) Betriebswasserleitungen sind eindeutig dauerhaft zu kennzeichnen, so dass eine spätere Verwechslung mit Trinkwasserleitungen ausgeschlossen ist (durch Klebefahnen, Farbe, Materialien, Schilder).

(d) Zapfstellen sind mit einem Schild mit der Aufschrift ”Kein Trinkwasser” oder einem Piktogramm dauerhaft zu kennzeichnen. Frei zugängliche Zapfstellen sind durch abnehmbare Drehgriffe gegen unbefugte Benutzung zu sichern.

(e) Das dem häuslichen Brauchwassersystem zugeführte Betriebswasser ist mittels eines geeichten Entnahmezählers zu erfassen.

§ 7 - Nachweispflicht, Eigenverantwortung und Kontrolle

(1) Der Einbau der Regenwassernutzungsanlage ist der Stadt Kronberg im Taunus nachzuweisen. Der Nachweis erfolgt über die Vorlage der Rechnung(en) und einer Fotodokumentation nach Einbau der Anlage vor Verfüllung des Erdreiches.

(2) Die Grundstückseigentümer haben den einwandfreien und bestimmungsgemäßen Betrieb der Anlage auf eigene Kosten sicherzustellen und zu überwachen, mindestens durch halbjährliche Eigenkontrollen. Bauliche Schäden sind unverzüglich zu beseitigen. Ein Nachweis über die halbjährlichen Kontrollen sowie die Beseitigung der Schäden ist der Stadt ebenfalls auf Verlangen vorzulegen.

(3) Für die Abnahme bzw. Kontrolle der Regenwassernutzungsanlage ist Vertretern der Stadt Kronberg im Taunus oder den von ihr beauftragten Dritten Zutritt zu der Anlage zu gewähren. Werden Mängel festgestellt, so ist die Anlage auf Kosten des Grundstückseigentümers in den vorschriftsmäßigen Zustand zu bringen.

§ 8 - Förderung

Für Regenwassernutzungsanlagen werden, sofern Haushaltsmittel verfügbar sind, Fördermittel in Form von Zuschüssen nach der hierfür jeweils geltenden Richtlinie gewährt. Ein Rechtsanspruch auf Gewährung von Fördermittel besteht nicht.

§ 9 - Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig entgegen

(a) § 4 der Errichtungs- und Verwendungspflicht nicht nachkommt; 

(b) § 7 der Nachweispflicht nicht nachkommt;

(c) § 5 einen Regenwasserspeicher mit einem die vorgeschriebene Mindestgröße unterschreitenden Volumen errichtet;

(d) § 6 Abs. 3 den Überlauf des Regenwasserspeichers nicht einer Versickerungsanlage gemäß DWA-A 138 zuführt oder ihn nicht rückstaufrei an die Kanalisation anschließt;

(e) § 6 Abs. 4 lit. a) eine direkte Verbindung zwischen Regenwassernutzungsanlage und Trinkwasseranlage herstellt;

(f) § 6 Abs. 4 lit. b) den Regenwassernutzungsanlagen anderes als von Auffangflächen ablaufendes Regenwasser zuführt und/oder Hofabläufe anschließt;

(g) § 6 Abs. 4 lit. c) Betriebswasserleitungen nicht oder nicht dauerhaft kennzeichnet;

(h) § 6 Abs. 4 lit. d) Zapfstellen nicht oder nicht ausreichend kennzeichnet und/oder frei zugängliche Zapfstellen nicht gegen unbefugte Benutzung sichert;

(i) § 6 Abs. 4 lit. e) keinen oder einen nicht geeichten Entnahmezähler installiert.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu EUR 10.000,-- geahndet werden.

(3) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) ist der Magistrat der Stadt Kronberg im Taunus.

§ 10 - Inkrafttreten

Diese Satzung tritt am Tag nach Ihrer Bekanntmachung in Kraft. Gleichzeitig tritt die bisherige Zisternensatzung vom 18.02.1999, in der Fassung der 2. Änderung vom 22.07.2005, außer Kraft. 

Ausfertigungsvermerk 

Es wird bestätigt, dass der Inhalt dieser Satzung mit dem hierzu ergangenen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung übereinstimmt, und dass die für die Rechtswirksamkeit maßgebenden Verfahrensvorschriften eingehalten wurden.

 

Kronberg im Taunus, 30.10.2023

Magistrat der Stadt Kronberg im Taunus 

Christoph König (Bürgermeister)