Wenn Bing Crosby im Radio von einer „weißen Weihnacht“ träumt, dann geht einem doch auch nach fast 80 Jahren noch das Herz auf. Das Christfest und die weiße Pracht – das gehört doch irgendwie zusammen. Allein, zuletzt ist Schneefall zu Heiligabend zumindest in weiten Teilen Deutschlands doch zu einem mehr als raren Gut geworden. Und auch für dieses Jahr sieht es nicht so aus, als würde Frau Holle noch pünktlich zum Fest die Betten ausschütteln.
Das mögen die meisten bedauern. Thomas Schweitzer und seine Kollegen vom Kronberger Betriebshof allerdings können mit der Prognose durchaus leben.
Nicht, dass der stellvertretende Vorarbeiter und seine Jungs mit Weihnachten nichts anfangen können – ganz im Gegenteil.
Auch sie schätzen das Zusammensein mit der Familie und die Ruhe der Feiertage. Aber genau mit der wäre es vorbei, wenn es schneit und friert. Denn dann muss die Truppe raus und dafür sorgen, dass die Hauptstraßen in der Burgstadt geräumt und befahrbar sind – Stille Nacht hin, Feiertag her.
Dafür gerüstet ist das Team der Stadtwerke schon seit über einem Monat. „Unsere Winterdienstsaison – wenn man es so bezeichnen will – beginnt am 15. November und endet am 15. April des Folgejahres“, erklärt Thomas Schweitzer. Bis dahin halte man sich bereit, was nicht nur für die Mitarbeiter, sondern auch für deren fahrbare Untersätze gelte.
Insgesamt werden im November jeweils vier große Einsatzfahrzeuge aus dem Fuhrpark der Stadtwerke für das Räumen von Straßen und zwei kleinere für den Winterdienst auf Wegen umgerüstet. „Dabei ist es nicht mal eben da-mit getan, einen Räumschild am Vorbau des Wagens zu montieren“, erklärt Thomas Schweitzer und ergänzt: „Jedes Fahrzeug, das wir umrüsten, muss danach auch noch eigens vom TÜV abgenommen werden, bevor es eingesetzt werden darf.“
Das sei auch der Grund, weshalb die Winterausrüstung bis Mitte April auf den Wagen bleibe - obwohl kein Schnee mehr in Sicht sei. Schweitzer: „Wenn wir die Fahrzeuge früher wieder umrüsten würden und der Winter dann noch ein-mal zurückkehrt, müssten wir das komplette Prozedere noch einmal von vorn durchlaufen - inklusive TÜV.“
Doch auch vor und nach der eigentlichen Saison ist das Kapitel „Winterdienst“ eigentlich immer irgendwie präsent.
„Nach dem Schneeräumen ist vor dem nächsten“, ergänzt Jakob Schäfer, der Betriebsleiter der Kronberger Stadtwerke. Dementsprechend beginne man nach dem Ende der Saison im März auch gleich mit den Planungen für die nächste. Schäfer: „Am Anfang steht da zunächst die Nachbesprechung der abgelaufenen Räumperiode. Hier ziehen wir Bilanz, klären, was in der alten Saison gut funktioniert hat und was wir gegebenenfalls zur neuen noch verbessern können.“ Daran anschließend werden die Fahrzeuge gewartet, für die Sommersaison umgerüstet und die Vorräte an Streugut aufgestockt.
Die eigentliche heiße Phase der Planungen wird dann im September eingeläutet.
Denn da beginnt Thomas Schweizer damit, den Schichtplan für den nächsten Winterdienst aufzusetzen. Wenn das Team des Betriebshofs komplett ist und alle Kräfte einsatzfähig sind, kann er dabei auf 24 festangestellte Mitarbeiter zurückgreifen. Verteilt werden die auf zwei Gruppen, die wechselnd in den Einsatz gehen, wenn es die Wetterlage erfordert.
„Welche Routen wir dann fahren und welche Straßen wir zuerst räumen - das ist in der Kronberger Straßenreinigungssatzung klar festgelegt und wird über ein Fahrzeug internes Kontrollsystem und den nach jeder Tour zu unter-schreibenden Streckenplan dokumentiert“, erläutert Thomas Schweitzer.
Zuerst an der Reihe seien die Straßen der Reinigungsklasse 1, worunter die Hauptverkehrsstraßen, die Straßen mit Busverkehr und die Steilstrecken fallen. Erst wenn die abgearbeitet seien, könne man sich um die nichtklassifizierten Nebenstraßen kümmern. Und das auch nur von Montag bis Freitag.
An Sonn- und Feiertagen bleiben die Nebenstraßen außen vor, da werden nur die Straßen der Klasse 1 in Angriff genommen. Die, so der stellvertretende Vorarbeiter, würden immer geräumt – wenn nötig auch außerhalb der vorgesehenen Bereitschaftszeiten. Die umfassen von Montag bis Donnerstag die Zeit von 5 bis 7 Uhr sowie von 16 bis 20 Uhr, am Freitag von 5 bis 7 Uhr und von 12 bis 20 Uhr sowie am Wochenende und an Feiertagen von 5 bis 20 Uhr.
Aber woher wissen die Mitarbeiter des städtischen Winterdienstes, wann es Zeit ist, auszurücken? Eine Frage, die sich gerade in den ganz frühen Morgenstunden stellt. „Wir haben hierfür sogenannte ,Alarmierer‘ im Einsatz“, erklärt Stadtwerkechef Schäfer. Hierbei handele es sich um drei Kollegen, von denen jeweils einer im wöchentlichen Wechsel schon morgens um 4 Uhr ausrücke und die neuralgischen Stellen wie zum Beispiel den Falkensteiner Stock abfahre. Wenn dieser Kollege, den Eindruck habe, dass geräumt oder gestreut werden müssen, dann schicke er umgehend per Telefon die für diesen Tag in Bereitschaft stehende Winterdienstgruppe in den Einsatz. Dabei, so Thomas Schweitzer, könne es durchaus vorkommen, dass die Kollegen von Passanten ungläubige Blicke ernten, wenn die den Betriebshof im Kronberger Süden verlassen, obwohl es dort nur regne.
Geschuldet, so Thomas Schweitzer, sei dies einem besonderen Kronberger Kuriosum. Dank ihrer Hanglage unterteile sich die Burgstadt nämlich in drei Wetterzonen. Vom Schönberger Norden über die Hainstraße hinweg und bis hinunter in den Süden der Stadt sei da ein Temperaturunterschied von zwei bis zweieinhalb Grad nicht ungewöhnlich. Schweitzer: „Da kommt es schon mal vor, dass es im Süden noch regnet, während es im Norden schon schneit.“
Keine Burgstadt-Besonderheit, sondern eine Folge des Klimawandels sei dagegen der auch in Kronberg zu beobachtende Rückgang an Schnee-Tagen. „In den 15 Jahren, in denen ich jetzt dabei bin, sind daher auch die Winter-dienst-Einsätze spürbar zurückgegangen“, bilanziert Thomas Schweitzer. Allerdings sei im gleichen Zeitraum auch die Zahl der Extremwetterereignisse mit Blitzeis und Co. erheblich gestiegen. Gerade in diesen Momenten sei es besonders wichtig, dass die städtischen Mitarbeiter mit ihren Fahrzeugen schnellstmöglich ins Handeln und auf ihren Routen vorankommen. Das aber, so Stadtwerke-Chef Jakob Schäfer, sei oftmals leichter gesagt als getan.
Nicht Schnee und Eis seien dabei meist das Problem, sondern im Weg stehende Autos. Gerade in schmaleren Straßen sei schnell kein Durchkommen mehr, wenn Fahrzeuge nicht in den vorgesehenen Parkbuchten oder Einfahrten stehen, sondern im Straßenraum. Ich kann nur an alle Kronbergerinnen und Kronberger dringend appellieren, beim Abstellen ihrer Autos im Blick zu behalten, dass der Winterdienst noch durchkommen muss“, unterstreicht Schäfer und ergänzt: „Das erhöht nicht nur die Aussicht, dass wir mit dem Räumen und Streuen schneller vorankommen, sondern verringert auch das Risiko, das man sich ins Gehege kommt.“ Obwohl die Mitarbeiter des Winterdienstes reichlich Erfahrung mitbrächten, sei es alles andere als ein Kinderspiel ein schweres Fahrzeug mit einem drei Meter breiten Räumschild bei winterlichen Straßenverhältnissen auf Kurs zu halten.

