Streitkirche

Streitkirche

Emil Rumpf, Kronberg im Schneesturm. In der Bildmitte,unterhalb der Burg, sieht man die herausragenden Gebäude der Johanniskirche und, rechts daneben, der "Streitkirche". (© Privatbesitz)


Nach den Regelungen des Westfälischen Frieden von 1648 war Kronberg eine evangelische Stadt. Dennoch hatte sich hier eine katholische Gemeinde entwickelt, deren Gottesdienste im Sitz der Herren von Kronberg, in der Burgkapelle, stattfanden. Nachdem der Kurfürst und Erzbischof von Mainz die Landesherrschaft übernommen hatte, ordnete er 1737 den Neubau einer Kirche im öffentlichen Raum für die Katholiken an. Die evangelischen Kronberger sagten finanzielle Unterstützung zu. Das konfessionelle Zusammenleben verlief zu dieser Zeit in Kronberg reibungslos. Im März 1738 hatte sich dann Protest formiert. Einige Personen konnten innerhalb der evangelischen Gemeinde Einfluss gewinnen und so viel Aktivität entfalten, dass sie von der Mainzer Regierung als Vertreter von Gemeinde und Stadt ernst genommen werden mussten, obwohl es nicht die offiziellen Vertreter – Pfarrer oder Kirchenvorstand – waren. Im Protest gegen den tatsächlich unrechtmäßigen Kirchenneubau, erweitert um Klagen über angebliche religiöse Unterdrückung durch den katholischen Landesherrn sahen sie die Möglichkeit, die bislang in Kronberg tolerierten Katholiken grundsätzlich aus der Teilhabe an Ämtern und finanziellen Zuwendungen zu drängen. In der Stadt wurde Stimmung gemacht, der Landgraf von Hessen-Darmstadt, dessen Haus den lutherischen Glauben in Kronberg hatte festschreiben lassen, wurde von den Aufrührern zugezogen, Denkschriften und Eingaben an das für Religionsfragen zuständige "Corpus Evangelicorum" beim Reichstag in Regensburg verfasst. Eine von Mainz daraufhin veranlasste Untersuchung der Situation in Kronberg ließ erkennen, dass der Protest gegen den Kirchenbau und die angeblichen religiösen Bedrückungen nicht von einer breiten Masse getragen war.  Der Kirchenbau aber war über Kronberg hinaus zum Politikum geworden. Inzwischen hatte der preußische König beim Mainzer Kurfürsten den Abbruch der Kirche gefordert und im Dezember 1738 entschied genauso das "Corpus Evangelicorum".

Der Kirchenbau war nahezu fertiggestellt, als die Bauarbeiten im Juni 1739 eingestellt wurden. Auseinandersetzungen und Verhandlungen über den Abbruch zogen sich über Jahre hin. 1767 erklärte die Regierung in Mainz die Streitkirche schließlich für alle Zeiten zum Zivilgebäude, schrieb aber die Existenz der katholischen Pfarrei und die Beteiligung der Katholiken in Rat und Gericht fest. Auf nochmalige Beschwerden aus Kronberg erklärte sich das "Corpus Evangelicorum" 1771 mit diesem Zustand zufrieden und forderte die Kronberger Lutheraner zum Gehorsam gegenüber dem Landesherrn auf. Die Kronberger Katholiken nutzten weiterhin die Burgkapelle bis sie 1871 wegen Baufälligkeit geschlossen wurde. Die Nutzung von Ausweichquartieren und schließlich eine Notkirche auf der Burg folgten, bis 1877 die Pfarrkirche St. Peter und Paul an der Katharinenstraße eingeweiht werden konnte.

Zeichnung der beiden Kirchen, aus einer der vielen Eingaben gegen den Bau der katholischen Kirche (rechts).

Mehr Information finden sie im Buch "Politik und Religion im alten Kronberg" von Wolfgang Ronner

Zu finden hier oder hier



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